Apple TV: Warum die Set-Top-Box die optimale 99-Dollar-Konsole sein könnte

Apple verschenkt das Potential von Apple TV. Noch?! (Foto: Apple)
Apple verschenkt das Potential von Apple TV. Noch?! (Foto: Apple)

Ich verstehe es einfach nicht. Worauf wartet Apple? Darauf, dass Mitbewerber Google mit seinem recht offenen Betriebssystem Android die Führungsposition übernimmt? Dank des mobilen OS werden preisgünstige Spielkonsolen wie Ouya, GameStick oder von mir aus Snakebyte Unu überhaupt erst möglich. Apple dagegen? Hat kein Interesse daran, sich im Gamingbereich mit einer eigenen stationären Hardware zu etablieren. Ist die Angst nach dem Megaflop Pippin noch zu groß?

In jedem Fall unbegründet, wie ich finde. Denn ein Großteil der im AppStore erhältlichen Programme sind Spiele. iPhone, iPad und iPod Touch werden doch in erster Linie zum Zocken verwendet – und der Mac wird auch dank Steam, neuerdings Origin und Apples eigenem Store mehr und mehr von Spielern wahrgenommen.

10 Millionen potentielle Konsolen

Was außerdem nicht in meinen Kopf will: Apple hat längst ein Gerät in Millionen Haushalten stehen, das die perfekte 99 Dollar-Spielkonsole darstellen und ambitionierte, innovative (Crowdfunding) Versuche wie Ouya innerhalb weniger Monate in die Bedeutungslosigkeit katapultieren würde. Das Apple TV scheint jedoch eher das Stiefkind des Konzerns zu sein. Es ist da, wird unterstützt und verkauft. Gut sogar, wie die letzten Zahlen verdeutlichen. Alleine im letzten Geschäftsquartal (Oktober – Dezember 2012) wurden zwei Millionen dieser Set-Top-Boxen weltweit veräußert, die Verbreitung dürfte mittlerweile bei über 10 Millionen liegen – schätzungsweise (Apple war nicht in der Lage, mir genaue Informationen zur Verfügung zu stellen). Die Zahl bezieht sich auf die zweite und dritte Generation des Players, die erste war eh ein regulärer, abgespeckter Rechner mit einem MacOS X-Betriebssystem. Die neueren Modelle von Apple TV basieren auf aktueller iPhone- bzw. iPad-Technik sowie dem Apple-eigenen iOS. Eigentlich die perfekten Voraussetzungen für einen AppStore und die Möglichkeit, Spiele zu nutzen.

Bisher ist Apple TV nicht sonderlich vielseitig. (Foto: Apple)
Bisher ist Apple TV nicht sonderlich vielseitig. (Foto: Apple)

Und das ist der Punkt: Apple hätte bereits vor über zwei Jahren Apple TV für Entwickler und natürlich auch die Konsumenten öffnen können. Spiele bzw. Apps zum Verwenden am großen TV, kontrolliert über ein iOS-Smartphone beziehungsweise Tablet (die Remote-Apps gibt’s ja längst) – oder noch besser über einen Bluetooth-Controller. Doch nichts ist geschehen. Seit dem letzten Update vor ein paar Tagen könnt ihr an euer Apple TV ab der 2. Generation ein Bluetooth-Keyboard anschließen. Nur welchen Sinn hat dies? Für die Navigation durch die paar Menüs genügt auch die unattraktive Fernbedienung.

Mehr Power zum Spielen?

Der Mac Mini. Ähnlich dürfte wohl die Steam Box ausfallen. (Foto: Apple)
Der Mac Mini. Ähnlich dürfte wohl die Steam Box ausfallen. (Foto: Apple)

Genau diese Tatsache ist es allerdings, die mich optimistisch stimmt. Vielleicht bereitet Apple etwas vor? Neuesten Gerüchten zufolge, die von offizieller Seite nur grob kommentiert wurden, könnte die 4. Apple TV-Generation kommen – mit dem flotten A5X-Prozessor aus dem iPad Mini. Der (aber auch schon der aktuelle A5 aus dem jetzigen Apple TV) sollte genügen, um Spiele in (Full-)HD ordentlich darzustellen. Das iPhone 4S mit Retina-Display schafft hohe Auflösungen schließlich auch. Der Prozessor dürfte ähnlich/ausreichend potent sein. Einzig eine bessere CPU sollte jedoch nicht ausreichen, um den Neukauf eines Apple TVs für Besitzer zu rechtfertigen. Was kommt also dann? Endlich voller Zugriff auf iTunes mitsamt Serien (für uns Deutsche)…und….tja…Apps? Dieser Punkt wäre sicher für viele ausschlaggebend, die eigene Box der ersten und zweiten Generation durch eine neue zu ersetzen. Und ich stelle mir das so schön vor – naiv wie ich bin: Mittels Bluetooth verbinde ich mein iPhone mit dem Apple TV und nutze den kleinen Touchscreen sowie die Sensoren als Eingabegerät. Ein ähnliches Konzept verfolgen längst die bisher wenig erfolgreichen Google TV-Player wie der Sony NSZ-GS7. Die Alternative wäre freilich die Remote-App, wobei dies für Spieler sicherlich nicht perfekt ist – Stichwort Latenz aufgrund des eigenen WIFI-Netzwerkes. Gleiches gilt für die Airplay Mirroring-Funktion. Spannend wäre es auch, würde Apple die bisherige Fernbedienung durch einen Gaming-Controller ersetzen. Dieser könnte aber im schlimmsten Fall den Preis für das neue Apple TV erhöhen. Und der ist doch zumindest derzeit mit seinen 99 US-Dollar (bzw. 109 Euro hierzulande) so attraktiv. Potentiell hat Apple also ebenfalls eine 99 Dollar-Konsole in der Pipeline, der höchstens der Speicher (aktuell 512MB RAM und 8GB-Flash-Speicher für iOS und Streaming-Puffer) knapp werden könnte.

Nur bei Apple passiert nichts. Woran könnte es liegen? Angst davor, mit Nintendo, Sony und Microsoft konkurrieren zu müssen? Eigentlich unbegründet, denn auch die Verantwortlichen von Ouya, Unu und Co. machen sich darüber offenbar keine Gedanken. Apple müsste sich zudem nicht einmal Sorgen machen, denn es bleibt ja alles beim Alten: Apple TV ist ein Player für iTunes und eigene Medien im Netzwerk. Der Bonus wäre im besten Fall halt für Spieler die Fähigkeit, Apps zu verwenden. Die iCloud könnte Apple gleich mit Cloudgaming-Funktionen ausbauen? Na, wie wär’s?

Gefahr für die Steam Box?!

So stellt sich Valve PC-Gaming der Zukunft vor. (Foto: steampowered.com)
So stellt sich Valve PC-Gaming der Zukunft vor. (Foto: steampowered.com)

Interessant auch: Es ist nachvollziehbar, dass Gabe Newell, Chef von Entwickler Valve (u.a. Onlinedienst Steam oder „Half-Life“), bei einem Vortrag an der University of Texas seine dezente Furcht vor dem Konzern aus Cupertino äußerte: „Ich denke, da ist ein Szenario, in dem es eine Art simplifizierte Wohnzimmer-Plattform geben wird – ich glaube, da wird Apple die Konsolenjungs ziemlich locker überrollen. Die Frage ist, ob wir im PC-Bereich genug Fortschritte machen können, um uns dort selbst zu etablieren und bessere Wege zu finden, Mobile einzubinden, bevor Apple das Wohnzimmer übernimmt.

Er weiß es selbst: Valves Steam Box, die PC-basierte Spielkonsole fürs Wohnzimmer, dürfte es schwierig haben. Gewiss, weil der Preis für ein solches Gerät relativ hoch ausfallen müsste, Apple dagegen sogar mit dem Mac Mini einen recht flotten, verhältnismäßig günstigen Computer im Angebot hat, den viele Menschen längst am HDTV hängen haben. Das Einstiegsmodell kostet 629 Euro – vermutlich hat man bei Valve eine ähnliche Preisklasse für die Steam Box im Hinterkopf. Nur Apple hat schon jetzt einen gewaltigen Marktanteil – dank sämtlicher iOS-Geräte. Und da wären wir wieder bei Apple TV, mit den geschätzten 10 Millionen Playern in den globalen Haushalten. Würden die Besitzer mobiler Apple-Hardware nicht auch dazu neigen, sich für ein stationäres Gerät zu entscheiden, wenn es einen Mehrwert bietet und man die bereits erworbenen Apps verwenden kann? Für wenig Geld? Wir reden hier über potentiell über 100 Millionen Menschen, die gegenwärtig iPhone, iPod Touch und iPad im Gebrauch haben.

Einen Punkt, den ich an Newells Aussage besonders spannend finde: Apple ist in der Lage, den „Konsolenjungs“  Paroli zu bieten. Mit einem Spiele-tauglichen Apple TV würde man zwar nicht an die Leistungsfähigkeit der potentiellen Xbox 360- bzw. PS3- Nachfolger heran reichen (nicht in der 100 Euro-Preisklasse), aber ist das überhaupt nötig? Wir reden hier über eine Zielgruppe, die „Angry Birds“ und gerne auch anspruchsvollere iOS-Spiele am iPhone oder iPad genießt. Denen ist völlig egal, ob in einer Spielkonsole zwei oder 8 Rechenkerne stecken. Wichtig sind der Unterhaltungsfaktor, die Preise für Spiele und freilich das Angebot. Eben für den Massenmarkt und nicht für den – subjektiv betrachtet – schrumpfenden Coregamer-Bereich

Und die anderen großen Konsolen?

Ich schätze sowieso, dass Ouya und andere Konsolen um die 100 Euro vorrangig die Neugierde und Experimentierfreudigkeit der Konsumenten wecken – das sind die Chancen für die günstigen Daddelkisten, die in den nächsten Monaten den Markt fluten (zzgl. den HDMI-Android-Sticks) und vermutlich auch sehr schnell beim Discounter um die Ecke landen. Mit einem gewissen Namen (Apple) und einem qualitativ überzeugenden Produkt könnte sich eine solche Konsole mit Tausenden kostenlosen bzw. günstigen Spielen in Windeseile verkaufen – und damit alle kleinen Firmen ruck zuck ausstechen. Microsoft, Nintendo (vor allem die) sowie Sony würden erkennen, dass ihre eigenen Plattformen womöglich kaum mehr als vom Aussterben bedrohte Dinosaurier sind – unter der Voraussetzung, dass PS4 und Xbox 720 (oder wie sie heißen wird) auf die gleichen Konzepte wie die Vorgänger setzen. Ob das der Fall ist? Das werden wir wohl bald erfahren, Sony plant ja eine PlayStation-bezogene Ankündigung am 20. Februar.

Ich hoffe, dass Apple womöglich bis dahin endlich mal wieder überrascht (Zeit wird’s!) – mit einem neuen Apple TV, das für Spieler interessant wird und kaum mehr als 100 Euro kostet. Das könnte den Markt ordentlich in Wallung bringen, vor allem wenn zwischen Präsentation und Verkaufsstart nur ein paar Tage liegen – wie man es von Apple gewohnt ist. Die ersten Andeutungen und Gerüchte lassen mich hoffen.

Und was meint ihr? Würdet ihr eine Apple TV-Konsole grundsätzlich nicht ernst nehmen?

4 Kommentare
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  2. […] Ihr könnt die Inhalte – von Apps bis hin zu Videos – von eurem iPhone oder iPad über Apple TV direkt auf euren Fernseher streamen. Das Problem? Da die Bild- und Tonübertragung über das […]

  3. […] sage es schon seit Monaten: Apple bringt eine eigene Spielkonsole. Sie heißt allerdings iPlay und ist in erster Linie dazu gedacht, dass ihr “Angry Birds” […]

  4. […] zweieinhalb Jahren wünschte ich mir schon ein Apple TV-Modell, mit dem ich spielen kann. Ich erklärte sogar, wieso die Zeit […]

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