Spielautomaten und Retro
Edle Joysticks, Spielautomaten und wenn’s sein muss auch ausgeklügelte Platinen für Retro-Fans – Jochen Zurborg bastelt die tollsten Geräte und entwirft spannende Spielmaschinen für Nostalgiker und Arcade-Liebhaber.
Jochen wohnt im niedersächsischen Ritterhude, nördlich von Bremen. Und dort kümmert er sich nicht nur um die Pferde seiner Frau, sondern auch um seine große Leidenschaft. Als mir der 42-Jährige von seinem Hobby erzählte, war ich baff: Arcade-Sticks, Bartops, Bausätze und kompliziertes Zubehör für Interessierte baut er in seiner Freizeit. Und es ist nicht so, als würde er hauptberuflich bei einem Raumfahrtunternehmen nicht schon genügend zu tun haben. Aber für Jochen ist das alles eine Freude und ein kreativer Ausgleich zu seiner Arbeit. Unter anderem bietet er Arcadeautomaten-Bausätze für diejenigen an, die sich einen Bartop – also Tischautomaten – von Grund auf selber basteln wollen.
Bubble Bobble? Oder doch ein anderes Motiv?
In Handarbeit muss er schon unzählige Bartop-Maschinen gefertigt haben, zu kaufen gibt es diese nach Kundenwunsch in seinem Shop. Wer beispielsweise den wunderschönen „Bubble Bobble“-Automaten haben will (ICH! Würde den sofort nehmen!), bekommt diesen für 800 Euro komplett nach Hause geliefert. Oder da ist eben das DIY-Set, das ab 100 Euro beginnt, Bastelfreunden aber volle Flexibilität bietet. Für Lackierung, Joysticks und andere Komponenten darf man sich individuell entscheiden.
Die Bartops sind ohnehin ein großes Herzensprojekt für Jochen. Wenn Kunden wollen, baut er für sie alles zusammen, was diese wünschen. Sie geben ein Thema vor, er übernimmt sogar das Design der Artworks auf den Automaten. Es ist für ihn zweitrangig, ob im Inneren Konsolen wie Xbox 360 oder PS3, diverse Raspberry Pi-Modelle, PCs (mit MAME-Installationen) oder originale Arcade-Platinen (NeoGeo MVS zum Beispiel) zum Einsatz kommen – das entscheidet der Käufer.
Mittlerweile ist das Interesse so groß, dass mit Wartezeiten gerechnet werden muss. Von den Selbstbau-Kits verkauft er bis zu 20 Stück pro Monat. Bedenkt: Jochen macht das alles neben seiner Arbeit. Er verkürzte allerdings schon auf 30 Stunden pro Woche, um mehr seiner offensichtlichen Berufung nachgehen zu können.
Die Putzhilfe hilft
Aber der gute Mann ist ja nicht allein: Seine ursprünglich fürs Haus gedachte Putzhilfe greift ihm unterstützend bei seinem Onlineshop unter die Arme. Leiterplatten werden in China professionell gefertigt und hierzulande bestückt – nämlich für seine eigenen Produkte. Der talentierte Elektronik-Experte entwarf einige ungewöhnliche und zugleich sehr praktische Bauteile. Wie wäre es mit einem Gerät, das beispielsweise Konsolen-Games mit Scanlines versieht – für das perfekte Arcade-Gefühl? Das Reduzieren der Skalierungsartefakte bei hochauflösenden Displays kommt gerade in Übersee super an, weiß Jochen zu berichten. Als aufwändig erwies sich der Key Strike, der darauf ausgelegt ist, Emulatoren (zum Beispiel vom PC) mit Arcade-Sticks zusammenzubringen. Adapter hier, Adapter da – so viele spezielle Lösungen hat Jochen im Angebot. Für Außenstehende mag das alles ziemlich kurios klingen, Kenner wissen jedoch zu schätzen, was der einfallsreiche Bastler da so tagtäglich entwirft.
Und da sind noch die Joysticks, bei denen Jochen auch gerne mal Holz, Acryl-Lack und Aluminium gebraucht. Die wuchtigen Controller sehen verdammt schick aus, erinnern entfernt an den legendären Competition Pro und eignen sich zum Anschluss an C64, Amiga und diverse Retro-Konsolen. In Anbetracht der Tatsache, dass ein Exemplar 75 Euro kostet, ihr aber echte Handarbeit und hochwertige Hardware erhaltet, finde ich das ein sehr gutes Angebot.
Eigene Mini-Spielhalle
Immer noch frage ich mich, wie er das alles unter einen Hut bekommt. Denn neben dem Bau von Elektronik und Gehäusen sowie dem Kümmern um seine Pferde muss sein „Gameroom“ ja auch noch gepflegt werden. In diesem fanden im Laufe der Jahre zig alte Automaten einen Platz, vor allem Atari Cabs mit Vector-Grafik. Mit dabei sind beispielsweise „Asteroids: Battle Zone“, „Space Duel“, „Red Baron“ oder „Tempest“. Ob Jochen noch regelmäßig „Pole Position“ in der schnieken Cockpit-Ausgabe verwendet? Sogar „Daytona USA“ und der Flipper „Star Trek: The Next Generation“ hat er in Betrieb. Meine Güte. Dass er sein Spielzimmer aufwändig renovierte und mit Sitzmöbeln im Stil eines US-Diners versah, überrascht vermutlich kaum jemanden, oder? Ich glaub, ich muss ihn dann mal besuchen.
Jochen fing mit dem Modden und Basteln vor fast zehn Jahren an, auf seinem Blog findet ihr einen Großteil seiner Werke und Erfahrungen – beschrieben und mit Bildern versehen. Klasse! Und in seinem Shop bekommt ihr eigentlich alles, was er aktuell herstellt und anzubieten hat. Vielleicht ist was für euch dabei? Auf jeden Fall bin ich sehr gespannt, was von ihm in den nächsten Monaten so kommt. Bitte weitermachen, Jochen!
[…] Solltet ihr diesen DIY-Spielautomaten selber nachbauen wollen. Wenn ihr so etwas nicht könnt – Jochen Zurborg macht sowas professionell. Er könnte hier sicherlich behilflich […]