Steelrising Review: Die ehrliche Meinung einer SoulsBorne-Veteranin
„Schon wieder so ein Souls-Like-Titel…“, der erste Gedanke, der wahrscheinlich vielen Spielern in den Kopf kam, als Steelrising präsentiert wurde. Souls-Like ist nun mal kein richtiges Souls und nur die wenigsten Entwickler-Studios bekommen das gewünschte Gefühl eines richtigen SoulsBorne-Titels hin. Vielversprechend ist beispielsweise der kommende Titel „Lies of P“, der sich fast 1 zu 1 so anfühlt, als stamme er direkt aus der Feder der FromSoftware-Entwickler.
Doch heute geht es nicht um Bloodborne, Dark Souls oder Lies of P, sondern eben um Steelrising, der erste Souls-Like-Titel des Entwickler-Studios Spider, in Kooperation mit Publisher Nacon. Was der Titel, nach der Meinung einer echten SoulsBorne-Veteranin kann, verrate ich euch gern.
Im Dienst der Königin
Betrachten wir uns die Geschichte, die Steelrising erzählt und vor allem wie das Spiel sie erzählt, entfernen wir uns bereits weit von einem typischen SoulsBorne-Titel. Statt fast ausschließlich dezenter Hinweise über Items, bekommen wir hier nämlich eine aufklärende Cutscene nach der anderen geschenkt, wobei sich die meisten Story-Details in den vielen Nebenquests verstecken, die man unbedingt alle mitnehmen sollte, wenn man den vollen Durchblick haben möchte.
Wir beginnen unsere Reise mit einem Besuch bei der Königin Frankreichs, diese hält sich aufgrund des außer Kontrolle geratenen Krieges gegen die Bevölkerung, der von ihrem Gatten, dem König angezettelt wurde, derzeit in einem sicheren Versteck auf. Da ihre Handlungen und ihre Bewegungsfreiheit momentan sehr eingeschränkt sind, schickt sie uns los, um dem Krieg zwischen Mensch und Maschine und gleichzeitig auch dem König ein Ende zu setzen. Gleichzeitig sollen wir uns auf die Suche nach ihren Kindern machen, die sie seit Beginn des Krieges nicht mehr zu Gesicht bekam und um deren Überleben sie sich im Unklaren ist.
Doch wer sind wir? Wir verkörpern Aegis einen seltenen, menschlich wirkenden Automaten, der der Königin zum Schutz dienen soll. Ein Automat, das ist so etwas wie ein Roboter. Als Automat haben wir Fähigkeiten, von denen die Menschen nur träumen können. Wir sind agiler, robuster, haben besondere Fähigkeiten und können perfekt mit diversen Waffen umgehen. Da die Automaten eigentlich die sind, die die Menschen in Scharen angreifen, müssen wir förmlich betteln, um den Bürgern helfen zu dürfen.
Die Story kommt nur langsam in Fahrt, wird aber noch sehr spannend, sobald wir die Möglichkeit haben, diverse Nebenquests anzugehen.
Viele verschiedene Spielweisen in einem Charakter vereint
Sobald das Spiel richtig losgeht, dürfen wir Aegis erst einmal unseren Wünschen entsprechend anpassen. Das ist zum einen optisch möglich, mit verschiedenen, für die Epoche sehr typische Perücken und Make-Up. Und auch das Material, aus dem Aegis besteht, kann angepasst werden.
Gleich am Anfang kann außerdem bereits die Richtung bestimmt werden, in die wir mit Aegis in Bezug auf den Kampf gehen möchten. Wollen wir lieber einen fetten Hau-drauf-Knüppel schwingen können, besonders wendig sein oder wollen wir uns eventuell auf Elementar-Magie spezialisieren? Wählt man ein Thema aus, bekommt man bereits eine kleine Skillung passend dazu, sowie passendes Start-Equipment. Die Richtung kann aber im Verlauf des Spiels jederzeit geändert werden, so wie man es auch aus Spielen wie Bloodborne und Dark Souls kennt. Man sollte sich nur sicher sein, ob man die bereits investierten Skill-Punkte später verschwenden möchte.
Aus diesen 4 Charakterklassen könnt ihr wählen:
Ich entschied mich für die Tänzerin, da ich agile Charakterklassen immer besonders mag und bin dieser Klasse auch bis zum Ende treu geblieben, was ich nicht eine Sekunde bereuen musste.
Der besondere Perk der Tänzerin: Greift man einen Gegner an, so füllt sich nach und nach eine Betäubungsanzeige. Die Anzeige können zwar auch die anderen Klassen füllen, doch keine kann es schneller, als die Tänzerin. Ist die Anzeige voll, wird der Gegner betäubt und kann sich eine Zeit lang nicht mehr bewegen und wir können ihm einen kritischen Schlag versetzen. Diese Mechanik funktioniert auch bei Boss-Gegnern und hat das Spiel, zumindest für mich, deutlich vereinfacht.
Nutzt man diese Fähigkeit dann noch in Kombination mit einer Lähmgranate oder sogar mit einer verbesserten Lähmgranate, füllt sich die Betäubungsanzeige noch schneller und die Gegner haben fast gar keine Möglichkeit mehr sich zu wehren. Keine Ahnung, ob die Macher das so vorausgesehen haben, aber hat man diese Mechanik einmal entdeckt, gleicht der Schwierigkeitsgrad einem Souls-Like definitiv nicht mehr.
Im Spiel gibt es, zusätzlich zur Lähmgranate, weitere hilfreiche Mixturen, wie zum Beispiel die Elementargranaten und die Phiole mit Ausdauerflüssigkeit. Kein Item ist jedoch so stark und wichtig, wie die Lähmgranate, wenn man aus einem Souls-Like einen Kinderspaziergang machen möchte. Diesen und weitere Tipps werden wir in einem Extra-Artikel allerdings noch einmal genauer für euch erläutern.
Die größten Parallelen zu Dark Souls und Bloodborne
Während sich das Kampfsystem so dynamisch, wie das von Bloodborne fühlt, können wir im Spiel noch weitere Parallelen zu FromSoftware-Titeln erkennen, die uns klarmachen, warum man bei Steelrising von einem Souls-Like spricht.
Skill-Punkte können beispielsweise an aktivierten Vestalin-Statuen gegen Anima-Essenz eingelöst werden. Eine Vestalin-Statue ist dabei das direkte Pendant zum Bonfire und die Anima-Essenz das Pendant zu Seelen aus Dark Souls. Neben neuen Skillungen, kann man bei Vestalin-Statuen auch ein- und verkaufen und Modulplätze am Rücken von Aegis freischalten, die mit besonderen Fähigkeiten gefüllt werden können. Eine Art Pendant zu den Runen aus Bloodborne.
Eine weitere Parallele zu Dark Souls stellt das Verbessern der Heilung dar. Was wir aus Dark Souls als Estus-Flask kennen, nennt sich hier Bürette. Diese kann im Laufe des Spiels an einer Vestalin-Statue aufgewertet werden, was aber nur mit speziellen Items geht, die wir in Paris erst einmal finden müssen.
Die Welt, die wir in Steelrising erkunden dürfen, ist zwar deutlich linearer als die großen, offenen Welten der SoulsBorne-Titel, doch auch hier hat man einige raffinierte Abkürzungen und etliche Geheimnisse eingebaut, für die es sich lohnt, auch mal vom geraden Pfad abzuweichen.
Reisen können wir mit einer pferdelosen Kutsche, allerdings nicht zwischen einzelnen Vestalin-Statuen hin und her. Mit der pferdelosen Kutsche kann man nur zwischen ganzen Gebieten umherreisen, was einem manchmal etwas mehr Laufweg beschert, als dem ein oder anderen lieb wäre.
Eine weitere große Gemeinsamkeit teilt sich Steelrising mit Bloodborne. Denn auch hier verstecken sich NPC’s hinter Fenstern und Türen, die einem mehr über die Geschichte erzählen können und die ein oder andere Nebenaufgabe freischalten.
Auch hier gilt: Immer schön die Dialoge bis zum Geht-nicht-mehr ausschöpfen, um nichts zu verpassen.
Geniale Spielmechaniken, mit denen sich Steelrising von anderen SoulsLikes abhebt
Auch wenn die langen Laufwege zeitweise etwas mühselig sein können, macht das Erkunden eines düsteren Paris doch unglaublich viel Spaß. Vor allem, wenn man vollends ausgestattet ist.
Relativ zu Beginn der Reise kann man einen Kompass erhalten. Verwendet man diesen, werden einem alle offenen Ziele in der Nähe angezeigt. So kann man relativ einfach Nebenmissionen und Hauptziele verfolgen. Als nettes Extra werden damit sogar die verlorenen Anima-Essenzen auf der Map angezeigt, die man sich in der Regel wiederholen möchte.
Um wirklich jede Ecke des großartig inszenierten Paris erkunden zu können, muss man aber erst einmal 3 Titanen abschlachten. Titanen sind die größten Bossgegner im Spiel, die alle auch an menschliche Charaktere gebunden sind, die es zu retten gilt. Hat man einen Titan besiegt, erhält man nicht nur neue Missionen, dank des geretteten Charakters, sondern auch ein neues Gadget, mit dem man an Orte kommt, die man vorher nicht erreichen konnte.
So erhält man zum einen den Haken des Bischofs, mit dem man höher gelegene Orte anpeilen und im Kampf Blitzschaden verursachen kann.
Dann gibt es da noch die Ramme des Alchemisten. Diese kann dazu genutzt werden, bröckelige Felswände freizumachen und gleichzeitig kann sie im Kampf verwendet werden, um die Gegner mit Feuerschaden zu überraschen.
Mit dem Impuls der Seleniten können wir uns blitzschnell bewegen und mit einem Doppelsprung größere Entfernungen überwinden, was ebenfalls neue Bereiche freischaltet. Im Kampf können wir damit Gegner einfrieren. Für den Impuls der Seleniten habe ich leider keinen passenden Screenshot. Das ist nämlich gar nicht so leicht zu bewerkstelligen, wenn man sich gerade in der Luft befindet.
Aufgrund der vielen versteckten Items, die mit den Gadgets gefunden werden können, hat Steelrising meiner Meinung nach einen großen Wiederspielwert, denn beim ersten Run wird man wohl kaum alles entdecken.
Der allgemeine Schwierigkeitsgrad
Die Kämpfe erinnern vor allem an Bloodborne. Zwar gibt es Waffen, mit denen wir Angriffe blocken können, doch ist man bei Steelrising schon eher auf den wendigeren Kampfstil bedacht. Da gilt es natürlich besonders auf die Ausdauer zu achten. Nähert diese sich nämlich dem Null-Punkt, überhitzt unser Automat und ist in seiner Bewegung eingeschränkt. Das kann im Kampf schnell mal den Tod bedeuten.
Es gibt zwar eine Spielmechanik, die es einem erlaubt, sich schnell wieder runter zu kühlen und damit sofort eine kleine Menge Ausdauer zurückzugewinnen, doch nutzt man diese zu oft hintereinander, füllt sich eine Frostschaden-Anzeige bis zum Maximum und man wird für kurze Zeit eingefroren, was inmitten von Gegnern nicht zu empfehlen ist.
Zu Beginn muss man sich hier definitiv erst einmal reinfuchsen und alle Spielmechaniken verstehen, damit man nicht mehr bei jedem zweiten Gegner stirbt, doch hat man es einmal raus und findet cheesige Taktiken, wie ich, mit meiner Lähmgranate, birgt das Spiel leider keine große Herausforderung mehr und wird einem Souls-Like nicht wirklich gerecht.
Das ist gut für alle Casual-Gamer, die gerne mal in ein Souls-Like ohne extremen Frustrationsfaktor eintauchen möchten. Die Veteranen werden allerdings schnell unterfordert sein. Bossgegner konnte ich meistens beim ersten Versuch legen, spätestens beim zweiten.
Für wen das Spiel dennoch zu hart ist, was für Neulinge definitiv der Fall sein kann, haben die Macher freundlicherweise einen Assistenzmodus eingebaut, der das Spiel noch einmal deutlich vereinfacht. Der Assistenzmodus sorgt allerdings auch dafür, dass einige Errungenschaften nicht freigeschaltet werden. Für die Sammler da draußen also nicht zu empfehlen.
Mein Fazit
Ich war zugegebenermaßen nicht sehr begeistert von einem weiteren SoulsLike, dass am Ende eh nicht an die geliebten Vorgaben herankommt, wurde am Ende aber mehr als positiv überrascht.
Die Story und auch die erst mal sehr emotionslose Protagonistin beweisen ab der Mitte des Spiels die gewünschte Tiefe. Ein Punkt, an dem es schwer wird, das Pad beiseite zu legen.
Das düstere Paris, das es zu erkunden gilt, ist grafisch sehr ansprechend und hat einige tolle Momente auf Lager. Die Charaktere sind nicht immer ganz so hübsch und realistisch, wie ihre Umgebung, doch das sei dem Spiel verziehen.
Das Gameplay ist actionreich und macht richtig Bock, auch wenn eine Souls-Veteranin, wie ich, die Kämpfe und vor allem die Bosskämpfe als deutlich zu einfach erachtet. Mit der richtigen taktischen Vorgehensweise kommt man relativ schnell voran und kann sich den bekannten Souls-Frust sparen. Dass sich die Kämpfe insgesamt einfacher anfühlen, kommt allerdings der Erkundung zugute.
Ich persönlich hatte den größten Spaß damit, geheime Orte aufzuspüren und spannendes Equipment zu entdecken. Es gibt eine nette Auswahl an verschiedenen Waffen und Zweitwaffen und einige geheime Bosse, die, wenn man alles entdecken und ausprobieren möchte, mindestens ein zweites Durchspielen von einem erwarten.
Die Welt ist deutlich kleiner und linearer, als man es von Dark Souls oder Bloodborne erwarten würde, was mich allerdings gar nicht gestört hat. Ich fand es persönlich sogar angenehm, da ich eine Spielerin bin, die immer in jeder Ecke nachgucken muss, um zu sehen, ob sich da etwas Interessantes verbirgt. Eine Eigenschaft, die mich bei großen Welten wie die von EldenRing oft wegen schierer Überforderung verzweifeln lässt. Das Ziel, bei Steelrising alles zu finden und zu entdecken, ist da deutlich realistischer, was ich persönlich ziemlich befriedigend finde.
Die beabsichtigten Parallelen zu den SoulsBorne-Titeln, wie beispielsweise die Vetalin-Statuen, wurden sehr gut umgesetzt. Die Dinge, die Steelrising anders macht, sind innovativ und bringen frischen Wind an die SoulsLike-Front.
Ein letztes Meckern auf hohem Niveau wäre da vielleicht noch die Varianz der Gegner. Die Gegnertypen wiederholen sich relativ oft, was ich manchmal etwas öde fand, weshalb ich zum Ende hin oft einfach zum Ziel durch gerannt bin und auf die Kämpfe verzichtet habe.
- Alles in allem hatte ich aber einfach eine richtig gute Zeit mit Steelrising und kann den Titel wärmstens weiterempfehlen.
Steelrising ist bereits erhältlich für PS5, Xbox Series und PC (Steam).
Die Kommentarfunktion ist geschlossen.